
Jesus
im Talmud
Hätte
es noch eines Nachweises für die Unvereinbarkeit
von Christentum und Judentum, von Christenglaube und
Judenglaube bedurft, so hat ihn der renommierte Judaist
und Direktor für jüdische Studien an der berühmten
Princeton-Universität (USA), Peter Schäfer,
mit seinem Buch "Jesus in The Talmud" (2007),
das jetzt auch auf Deutsch erschienen ist, in einer
an Gelehrsamkeit und Deutlichkeit kaum zu übertreffender
Weise erbracht. Die Zustimmung, die er fast unisono
von seinen jüdischen Kollegen und Rezensenten erfahren
hat, macht die Wende deutlich, welche der christlich-jüdische
Dialog in jüngster Zeit genommen hat. Er beruht
auf Ehrlichkeit und nicht auf der einfältigen Rede
von "unseren älteren Brüdern", der
"gemeinsamen Herkunft aus abrahamitischem Stamme"
oder "dem gegenseitigen Respekt" und der zu
übenden "Toleranz", welche die Wahrheitsfrage
ausklammert und keine der unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen
noch ernst nimmt. Echte Talmud-Juden haben ohnehin für
solche, meist von christlicher Seite ausgehenden Anbiederungsversuche
nur Hohn und Spott übrig. Wo sich selbst vatikanische
Autoritäten bemühen, die Juden vom Mord an
Christus freizusprechen, klopfen die ihres Glaubens
sicheren Rabbiner sich selbstbewusst an die Brust, Jesus,
diesen Gotteslästerer und Götzendiener, seiner
gerechten Strafe zugeführt zu haben. Sie beharren
darauf, dass der Schauprozess gegen Jesus nicht vor
einem römischen Gericht, sondern vor dem Sanhedrin,
dem Obergericht der Juden, stattgefunden hat und es
Kaiphas war, der seine Kleider zerriss, als er das Todesurteil
über den Zimmermann aussprach, der sich mit Gott
gleichsetzte. "Ja", so die Rabbiner im Talmud,
"wir übernehmen die Verantwortung und es gibt
keinen Grund sich deswegen zu schämen, denn wir
haben einen Gotteslästerer und Götzendiener
rechtmäßig verurteilt. Jesus hat seinen Tod
verdient, und er hat nur bekommen, was er verdient hat"
(S. 18). Es gibt keinerlei Rechtfertigung für "die
christliche Sekte, die unverschämt behauptet, der
neue Bund zu sein und die dabei ist, sich als eine neue
Religion (und nicht zuletzt als eine Kirche mit politischer
Macht) zu etablieren" (S.19).
Vor dieser eminenten Gefahr, die sich
nach der konstantinischen Wende und dem Aufstieg der
christlichen zur Staatsreligion für das Judentum
abzeichnet, lassen die Rabbiner, die im persischen Reich
Zuflucht gefunden haben, ihrer Phantasie freien Lauf,
um den christlichen Glauben zu schwächen. Persien
befindet sich in einem Dauerkrieg mit den byzantinischen
Kaisern und unterstützt schon aus diesem Grunde
die christenfeindlichen Juden bei der Ausarbeitung des
Babylonischen Talmuds, der zur wichtigsten Quelle für
das Jesusbild wird, welches das Judentum bis in unsere
Tage weiterträgt. Die Jesusstellen im Babylonischen
und abgeschwächt auch im Palästinensischen
Talmud sollten, so Schäfer, als "Gegenerzählung
zum Evangelium" gelesen und begriffen werden, durch
welche das um seine Selbstbehauptung ringende Judentum
sein Selbstbewusstsein stärkt und mit unbändigem
Stolz erfüllt, der selbst noch im Humor und in
der Lust zur Parodie Ausdruck findet, mit der der Christusglaube
abgetan wird. Schäfer bringt die im Talmud verstreuten
Jesusstellen in eine systematische Ordnung und läßt
so den Widerspruch zur christlichen Botschaft deutlich
vor Augen treten: Familiäre Herkunft, Schülerstadium,
Lehrtätigkeit, Heilkunst, Hinrichtung und Höllenstrafe
Jesu bilden die Rubriken des Buches für seine Sammlung
und Ausdeutung der Talmudstellen. Die familiäre
Herkunft Jesu wird in dieser talmudischen Gegenerzählung
mit dem Fehltritt Mariens, einer verheirateten oder
verlobten Frau, in Verbindung gebracht, die sich mit
einem römischen Legionär eingelassen hat und
die dabei entstandene Leibesfrucht der "Überschattung"
durch den "Heiligen Geist" zuschrieb. Statt
verstoßen und gesteinigt zu werden, errang sie
zwar die Verzeihung ihres gehörnten Gatten oder
Verlobten, doch für die talmudischen Rabbiner ist
sie nichts anderes als eine "Hure" (vgl. S.
37, 39 u.ö.).
Die Pointe dieser Erzählung über
die Herkunft Jesu im Talmud liegt darin, dass Jesus
durch seinen römischen Vater, "nicht nur ein
Bastard, sondern der Sohn eines Nichtjuden war"
(S.40), der auf die Abstammung aus dem vornehmen Hause
Davids, wie ihn das Neue Testament vorspiegelt, natürlich
überhaupt keinen Anspruch erheben konnte. "Die
ganze Idee der davidischen Abstammung Jesu, sein Anspruch,
der Messias und schließlich sogar der Sohn Gottes
zu sein", ist für die Rabbiner nicht anderes
als "Betrug" (S. 45f). In der Schulzeit Jesu
müssen sich seine Lehrer mit dem missratenen und
in sexuellen Ausschweifungen sich ergehenden discipulus
herumschlagen. Er gerät seiner Mutter nach - Untreue
liegt ihm im Blut. Er verkehrt mit einer bekannten Prostituierten
(Lk 7, 36-50) und beweist den Rabbinern damit, dass
er kein Prophet ist. Er macht Maria Magdalena sich hörig,
sie wäscht seine Füße, kämmt seine
Haare und er küsst ihren "Mund" in aller
Öffentlichkeit. Diese im Talmud geradezu pornographisch
ausgemalten Frivolitäten sollen die Lehrer des
jungen Jesu veranlasst haben, ihn schon zu Lebzeiten
zu "exkommunizieren", d.h. aus der Gemeinschaft
der Juden auszustoßen. Juden wollen, das ist die
Botschaft der Talmudisten, mit dem Christentum nichts
zu tun haben und sich keinesfalls von ihm gar "umarmen"
oder missionieren lassen. Judenchristen gehören
für die Rabbiner zu den widerlichsten Erscheinungen
auf Gottes Erdboden die "keinen Anteil an der kommenden
(geretteten) Welt haben" werden.
Die Rabbiner bestreiten nicht, dass
Jesus magische Kräfte besaß, Dämonen
austrieb, Kranke heilte und Tote auferweckte. Was sie
ihm und seinen Nachfolgern vorwerfen, ist der Missbrauch
dieser Kräfte. Jesus heilt im eigenen Namen, nicht
im Namen Gottes. Er nützt seine Zauberkraft aus,
um sich als "Gott" ausgeben zu können
und erweist sich so als Hochstapler und Schwindler.
Und das sind in den Augen der Rabbiner auch jene, denen
er die "Schlüssel" übergibt, die
den Zugang zu magischen Vorgängen symbolisieren,
"zu binden und zu lösen". Zauberei und
Götzendienst sind denn auch Grund, dass Jesus durch
den Sanhedrin zum Tode verurteilt und am Vorabend des
Passahfestes (ans Kreuz) "gehängt" wurde.
Soweit römische Soldaten am Vollzug des Urteils
beteiligt waren, vollziehen sie die von den Juden ausgesprochene
Strafe. Der Talmud besteht darauf, "dass Jesus
nach rabbinischem Recht hingerichtet wurde" (S.
145), und nicht nach römischem.
Jesus wird nach den talmudischen Narrativen
immer wieder "in seinen Schülern getötet".
Die scharfsinnigen Verurteilungen seiner Schüler
durch die Rabbiner bilden den Höhepunkt der Auseinandersetzung
über Jesus und das Christentum im babylonischen
Talmud. Die Jünger und Schüler werden von
den Juden von Anfang an als "Betrüger des
Betrügers" bezeichnet, haben sie doch beispielsweise
den Leichnam Jesu aus dem Grab gestohlen, um seine Auferstehung
vorzutäuschen.
Weder sie noch Jesu haben Anteil an
der kommenden Welt. Statt zum Himmel aufzufahren, siedet
Jesus auf ewig in der Hölle. Jesus gehört
mit Titus und Bileam zu den drei Erzfeinden Israels,
die alle in der Hölle ihre verdiente Strafe verbüßen.
Titus, der den Tempel zerstörte, wird verbrannt,
seine Asche ins Meer gestreut, immer wieder herausgefiltert,
neu zusammengebacken und wieder verbrannt. Bileam, der
Israel den Baal- Peor-Kult mit seinen sexuellen Orgien
und Ausschweifungen nahebrachte, sitzt in kochendem
Sperma. Und Jesus, der sich als Gott ausgab und den
alten Bund Israels mit Gott auflösen und durch
den Bund mit ihm ersetzen wollte, sitzt in den "kochenden
Exkrementen"(S. 25), die seine Anhänger ständig
neu ausscheiden, wenn sie, wie geheißen, sein
Fleisch essen und sein Blut trinken (vgl. S. 185). Statt
durch ihn zum Leben zu gelangen, werden sie das Schicksal
ihres "Herrn" teilen und genauso in der Hölle
schmoren wie er.
Drastischer und spöttischer lassen
sich Auferstehung, Himmelfahrt zu Gottes Thron und Eucharistie,
Kernstücke des christlichen Glaubens, kaum parodieren
und lächerlich machen. Verfehlt wäre es, das
alles als Hirngespinste von ein paar ausgeflippten Rabbinern
abzutun. Die Wirkungsgeschichte der im Talmud verstreuten
Anmerkungen zu Jesu ist erstaunlich. Im Mittelalter
verdichten sie sich zum Toledot Jeschu-Traktat, das
jedem Talmudschüler noch heute vorgetragen wird.
In der Neuzeit, so dürfen wir, von Schäfer
belehrt und beschenkt, weiterdenken, bildet das scharfsinnige
Raisonieren der Rabbiner im Talmud den oft nicht einmal
bewussten Ausgangspunkt für die Religionskritik
der "Aufklärung". Das Zurückweisen
und Wegerklären der Gottheit Jesu, der Jungfrauengeburt,
seiner Zeugung durch den "Heiligen Geist",
seiner Wundertaten, der "Auferstehung" von
den Toten und des Verlassens seiner Grabstätte,
seiner "Himmelfahrt", des Pfingstereignisses
mit der Wiederkehr als Gespenst, diese Zurückweisungen
gehören in der Moderne bis zum heutigen Tage zu
den Versatzstücken, mit denen der christliche Glaube
nach und nach von allen "Aufgeklärten"
und selbst von christlichen Theologen ausgehöhlt
wird.
Die Talmudaussagen über die zweifelhafte Herkunft
Christi, sein ausschweifendes Leben, sein gespenstisches
Wiedererscheinen, die von ihm eingesetzten Kulte und
Bluttrinkereien sind inzwischen zu Gegenständen
verkommener "Kunst", Love Paraden und Unterhaltungsindustrie
geworden. In der Rock-Oper wird "Jesus Christ"
zum "Superstar" (Rice/Webber), im Film erlebt
er noch am Kreuz seine "letzten Versuchungen"
sexueller Art (Scorsese), als junger Mann feiert er
seine "Hochzeit"mit sexuellen Einlagen (Ingrisch/Einem),
er umgibt sich mit seinen "Hawara" (W. Teuschl),
er fühlt sich wohl "in schlechter Gesellschaft"
(Holl) und zuletzt wird er in geschmacklosen Orgien-und
Mysterienspielen mit Blut und Kot symbolhaft beschmiert
(Nitsch), ganz wie es der Talmud vorgibt.
Es gehört zu den größten
Verdiensten von Peter Schäfer uns mit seinen akribischen
Untersuchungen auf die talmudischen Wurzeln des christlichen
Glaubensverlustes hingeführt zu haben, welcher
durch Aufklärung, Moderne und Dekadenz unsere Kultur
von innen her zersetzt. Betrübt müssen wir
heute zugeben, dass seit dem Zweiten Vatikanum selbst
die Kirche in ihrer Hirtentätigkeit, Lehre und
Liturgie sich dem Prozess zunehmender Judaisierung nicht
entziehen konnte und wollte. Vor lauter Schuldvorwürfen,
Versöhnungs-und Vergebungsbitten ging sie vor ihrem
eigentlichen Feind in die Knie, sie distanzierte sich
von den Adversus-Judaios-Aussagen ihrer größten
Heiligen wie Ambrosius, Augustinus oder Chrisostomos,
huldigte der neuen Weltreligion des Holocaust, und verlor
dabei ihre Glaubwürdigkeit. Dank "Aufklärung"
kann heute kaum noch jemand das Glaubensbekenntnis ohne
Mentalreservation mehr ablegen, wer die sittlichen Vorschriften
der Kirche öffentlich bejaht und Sünde nennt,
was Sünde ist (z.B. Homosexualität, Abtreibung,
Euthanasie, Blasphemie), wird als "gesellschaftsunfähig"
eingestuft und gemobbt (Fall Buttiglione) oder er wird
am Sprechen gehindert (Bendikt XVI. an der römischen
Universität "La Sapienza" im Feber 2008).
Für den Außenstehenden sieht es jetzt so
aus, als habe eben doch Kaiphas gesiegt, und nicht der
Galiläer.
Peter
Schäfer: Jesus im Talmud. Aus dem Englischen von Barbara
Schäfer. Mohr Siebeck, Tübingen 2007. ISBN 978-3-16-149462-8.
325 Seiten. € 29.-.
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